Handarbeit

Gestern bekam ich von meinem Wichtelkind eine Karte und einen Text, die ich so schön fand, dass ich sie – mit ihrer Erlaubnis – hier einstellen möchte:

Wir alle stricken unser Leben jeden Tag ein Stück weiter.
Die einen stricken liebevoll und sorgsam; man merkt,
welche Freude es ihnen bereitet, ihr Lebenswerk zu gestalten.
Die andern stricken mühevoll und ungern.
Man merkt, welche Kraft und Mühe es sie kostet,
ihren Lebensfaden jeden Tag neu aufzunehmen.

Manche wählen ein kompliziertes Muster,
andere ein ganz schlichtes. Bei den einen ist es
ein buntes Maschenwerk, bei den anderen
ein Stück in tristen Farben.

Nicht immer können wir die Farbe selber wählen,
und auch die Qualität der Wolle wechselt:
mal weiß und flauschig weich, mal grau und kratzig.
Und öfter lässt man die Maschen fallen,
oder sie fallen ohne unter Zutun, und zurück bleiben Löcher
und ein unvollständiges Muster.
Manchmal reißt der Faden und es hilft nur ein Knoten.
Wenn wir unser Leben betrachten, wissen wir genau,
welche Stellen das sind. Und oft geschieht es,
dass einer sein Strickzeug in die Ecke wirft.

Es bleibt verborgen, wieviel Lebensfaden
wir noch zu verstricken haben.
Aber wir haben die Nadeln in der Hand,
können das Muster wechseln, die Technik und das Werkzeug.
Nur aufribbeln können wir nichts,
auch nicht ein kleines, winziges Stück.

Aber wie es auch geworden sein mag,
das Strickwerk unseres Lebens,
in Gottes Augen ist es einmalig und kostbar.
Unter seinem liebevollen Blick lösen sich Verknotungen und Verdrehungen,
wird Fehlendes ergänzt, verwandeln sich Laufmachen in Muster.
Mit sicherer Hand fügt er unser Strickzeug ein
ins Ganze seines großen wunderbaren Schöpungsmusters.

Ein Kommentar

  1. Das ist ein sehr , schöner Text.
    Zum Glück oder leider haben wir keinen Einfluss auf die länge unseres „Lebensfaden“.

    LG büchermaus 🙂

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