Nun habe ich mich nach fast einer Woche auf „freiem Fuß“ schon wieder ganz gut im Alltag eingelebt. Ich genieße es, dass ich wieder selbst Auto fahren darf, meine Tage selbst planen kann – und zugleich ist das schön und spannend zugleich: eine Tagesstruktur zu finden, die eine gesunde Balance bietet zwischen Arbeit und Erholung, zwischen angenehmen Dingen und Aufgaben, die erledigt werden müssen.
Die Wohnung hat ein kleines Make-over bekommen (mit der auch mein Mann gut leben kann). Plötzlich habe ich es hinbekommen, was ich vorher monatelang vor mir hergeschoben habe: einen Platz für mich einzurichten. Unsere Wohnung ist zwar nicht gerade klein für zwei Personen, sollte man denken, trotzdem fehlt eigentlich ein Zimmer. Wir haben uns für die Lösung entschieden, dass ich im Schlafzimmer meine Nähecke einrichte.
Am Samstag war ich im Baumarkt (ich gehe wirklich gern im Baumarkt einkaufen – „Bob, die Baumeisterin“ 🙂 und anschließend in einem no-name-günstig-alles-mögliche-Einkaufsmarkt (Klein-IKEA). Dabei sind ein paar Regalteile nach Hause gewandert, die aufgebaut werden wollen, dann werden noch etliche „Nomaden“ (Dinge, die noch keinen festen Ort gefunden haben – und das schon seit dem vorvorigen Umzug), endlich sesshaft werden -> jeden Ding an seinem Platz!Bodenfreiheit ist jedenfalls schon mal ein sehr befreiendes Gefühl.
Soviel zum Thema Ordnung. Einmal mehr mache ich die Erfahrung, dass Ordnung im Kopf auch äußere Ordnung nach sich zieht – und meist läuft es so rum. Aber auch umgekehrt gilt: In einem aufgeräumten Zuhause kann man besser klare Gedanken fassen und sich besser ausruhen und entspannen: „My home is my castle!“ und: „Unser Schlafzimmer ist unser Refugium!“
Heute vor dem Gottesdienst habe ich mit einer Frau aus unserer Gemeinde über meinen Klinikaufenthalt gesprochen und während ich dabei war, mich zu erklären, sagte sie: „Ja, ich weiß schon, was du meinst, ich bin auch in Behandlung.“ Wieder einmal staunte ich, dass es so viele gibt, die „mit Psyche“ zu tun haben und die wenigsten reden darüber. Gut, ich werde es wohl auch nicht überall erwähnen, es ist okay, wenn man nicht immer das Herz auf der Zunge trägt… Aber wir sind mehr, als man denkt.
Ich erzählte ihr, dass ich die Rubrik in meinem Blog, die ich vorige Woche hier eröffnet habe (Schutzraum) erst „Du auch?“ nennen wollte.
„Du auch?“ – Es ist wie ein Erkennen unter… Gleichgesinnten ist wohl nicht das richtige Wort – eher würde ich sagen: Eingeweihten. Menschen, deren Seele erkrankt bzw. verletzt ist, verfügen über Erfahrungen, die von Außenstehenden oft nicht verstanden werden, ja nicht einmal verstanden werden können. Weil sie mit Worten nicht oder nur sehr schwer beschrieben werden können.
„Du auch?“ – Ich verstehe dich… ein Stück… und du verstehst mich. Man öffnet sich und es entsteht Vertrauen und ein Gefühl der Zusammengehörigkeit. Das ist es, was wir brauchen, damit wir miteinander den Weg gehen können. Gerade innerlich Verwundete leiden oft unter Einsamkeit und werden ausgegrenzt. Die Scham baut eine zusätzliche Mauer.
Wenn wir diese Mauer durchbrechen, eine Tür zum Nächsten öffnen, vorsichtig jemanden einen Blick in die Verstecke, in die wir uns verkrochen haben, tun lassen, entsteht Verbundenheit und ein Schutzraum, der Heilung ermöglicht.
Ein sehr gelungener Beitrag, mein Schatz. Haste wunderbar gemacht.